Vier Stadtbahnfahrer, eine Familie…
Formulare mit Namen, Beruf und Arbeitgeber auszufüllen, ist bei dieser Familie ganz einfach: dreimal Otto, einmal Geißler, viermal Stadtbahnfahrer, alle KVB. Otto Nummer vier ist soeben dazu gekommen und erst knapp fünf Wochen alt. Ob sie auch einmal Stadtbahnfahrerin wird, ist noch nicht abzusehen, aber die Weichen scheinen gestellt…
Vater Ewald Otto und Partnerin Gaby Geißler (beide 59) hatten zunächst einen anderen Beruf erlernt, sattelten aber später um und wurden Stadtbahnfahrer: „Ich bin 19 Jahre lang LKW gefahren und habe in Altbrück direkt an der Haltestelle gewohnt“, erinnert sich Ewald. „Immer wieder habe ich gesagt, irgendwann tausche ich den Sitz und fahre Stadtbahn – mit 40 Jahren habe ich´s getan!“ Inzwischen macht Ewald den Job schon fast so lange wie seinen ersten…. Gaby kam vor 16 Jahren in den Betrieb, war zuvor Bürogehilfin: „Das war absolut richtig! Ich liebe meinen Beruf noch ebenso wie am Anfang; etwas anderes kommt für mich nicht in Frage!“ erklärt sie temperamentvoll und voller Überzeugung.
Die Entscheidung, die jeder für sich allein traf, wurde für Ewald und Gaby zum Lebensglück: Am 2. Juli 2005 lernten sich die beiden kennen. „Das erste Mal sind wir uns am Neumarkt an der Kaffeebud´ begegnet. Da haben die Fahrer damals oft ihre Pause verbracht und man kam miteinander ins Gespräch. Ohne die gemeinsame Arbeit wären wir uns wohl kaum über den Weg gelaufen“, erzählt Gaby und grinst ihren Partner an. Sie erinnert sich auch noch an seine ersten Worte: „Dich habe ich hier ja noch nie gesehen!“
Das sollte sich schnell ändern. Gaby: „Wir trafen uns immer wieder, haben gequatscht und dann hat er mich zu den Kölner Lichtern eingeladen. Heute sind wir immer noch ein Paar und immer noch glücklich“, strahlt sie. „Und wir haben auch immer noch genügend Gesprächsstoff.
Den hat man immer, wenn man diesen Job macht, denn es passiert jede Menge, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist und durch die Stadt fährt. Deshalb macht der Beruf ja auch so viel Spaß und wird nie langweilig! Den Job kann nicht jeder machen, das ist schon ein bestimmter Menschenschlag, und wenn wir uns treffen, ist es immer lustig!“
„So ist es!“, pflichtet Ewald seiner Lebenspartnerin und Kollegin bei. „Irgendetwas gibt es immer zu berichten und zu lachen.“ Bis vor kurzem wohnten Gaby, Ewald, Ewalds Sohn Marc Otto (28) und dessen Frau Angelina (24) noch im selben Haus. „Nach Feierabend saßen wir dann oft erst einmal zusammen und haben erzählt, was im Dienst so gelaufen ist. Und einer von uns hat an so einem Tag immer jemandem das Leben gerettet, der trotz Rotlicht auf die Gleise gelaufen ist“, berichtet Ewald. „Bei uns wissen auch alle worum es geht, wenn wir von HP1 und ZS7 (Anmerkg. d. Red.: Abkürzungen für bestimmte Signalbegriffe) sprechen“, ergänzt Gaby schmunzelnd. „Mit Leuten, die nicht diesen Job machen, könnte man so gar nicht reden. Wir sind da auf einer Ebene und es ist gut, wenn man sich über die Arbeit und das, was damit zusammenhängt, so miteinander austauschen kann. Wer hat das schon?“
Stimmt. Vater, Lebenspartnerin, Sohn und Schwiegertochter – alle den gleichen Beruf. Wo gibt´s denn sowas?! Und wann wohnen auch noch alle dicht zusammen, teilen sich ein Auto, kochen mit- und füreinander und verstehen sich darüber hinaus auch noch gut? „Bei uns klappt das prima“, berichtet Gaby. „Wir haben das gut organisiert. Wir sind alle Frühaufsteher und im Frühdienst. Wir haben alle den gleichen oder einen ähnlichen Dienstplan und am selben Tag frei – der Planmacher kennt uns, weiß, dass wir eine Familie sind und berücksichtigt das, wenn es irgend geht. Mal haben von uns vieren zwei am Freitag und Samstag frei und die anderen am Samstag und Sonntag. Da muss man auch schon mal allein etwas unternehmen. Aber einen Tag in der Woche gibt es meist, an dem keiner von uns arbeiten muss.“
Auch dann wird manchmal noch etwas gemeinsam unternommen – eine Radtour zum Beispiel oder Essen gehen. Schließlich gibt es – selbst bei einer Familie, die so mit ihrer und über ihre Arbeit verbunden ist – noch anderes im Leben: alle vier sind im gleichen Fitnessstudio und machen beim Aquafit mit. Ewald und Marc gehen außerdem zusammen boxen, Ewald macht Tauchreisen, ist Mitglied in der Betriebssportgemeinschaft „Laufen“ und fährt auch schon mal Motorrad mit den Kollegen.
Mit ihrer Leidenschaft für den Job haben Ewald und Gaby zuerst Marc angesteckt und schließlich auch Angelina. Beide hatten ebenfalls zunächst einen anderen Beruf und entschlossen sich erst später, zur KVB zu wechseln: „Ich habe eine Lehre bei der Post gemacht“, berichtet Marc. Die Faszination für den Stadtbahnfahrer-Beruf gab es aber bereits viel, viel eher: „Schon als kleiner Junge bin ich mit Papa auf dem Achtachser mitgefahren und fand seinen Job einfach klasse.“
Heute genießt Marc vor allem die Fahrten über Land bis nach Bonn. Um auf diesen Strecken der Häfen- und Güterverkehr Köln AG (HGK) fahren zu dürfen, musste er erst einmal ein Jahr Fahrpraxis auf den KVB-Strecken innerhalb der Stadt haben und dann eine sechswöchige Zusatzausbildung absolvieren. „Das Fahren außerhalb der Stadt ist etwas entspannter und da kann ich auch mal heizen und 80 oder 100 Stundenkilometer fahren“, sagt Marc. „Am Schönsten ist das früh morgens bei Sonnenaufgang.“
Passiert ist zum Glück noch keinem der Familienmitglieder etwas wirklich Schlimmes beim Fahren. Marc und Ewald hatten mal einen Blechschaden, aber das war es. Marc: „Die Leute sind total unaufmerksam und laufen einfach vor die Bahn. Rot wird oft nicht akzeptiert. Da hat sich viel geändert in den letzten sechs Jahren. Zum Teil schieben sich die Leute mit dem Kinderwagen unter der Schranke durch und queren die Gleise. Denen ist überhaupt nicht klar, dass da 70 Tonnen auf sie zukommen, die vielleicht nicht rechtzeitig zu bremsen sind.“
Diese Situation kennen alle. „Man muss hoch konzentriert sein und am besten einen 360 Grad-Blick haben“, sagt Gaby. „Schlimm ist es vor allem an Karneval“, findet Ewald. „Da gibt es schon mal Ärger mit Betrunkenen. Wenn´s nicht anders geht, müssen wir dann Servicepersonal hinzurufen, das sich um die Leute kümmert.“ Gaby: „Wenn wirklich etwas passieren sollte, hat die KVB eine gute Versorgung für die Fahrer. Es gibt immer einen Ansprechpartner und eine psychologische Betreuung. Die Fahrer, die schlimme Unfälle erlebt haben, werden nicht gedrängt, sondern müssen erst dann wieder fahren, wenn das auch wirklich geht. Man verliert deshalb den Job nicht. Das finde ich gut.“
Und natürlich gibt es noch mehr Gutes: Die Frau mit der längsten Praline der Welt zum Beispiel. Alle vier kennen sie – wenn auch nicht mit Namen. „Die Dame kommt an das Fahrerfenster, steckt den Fahrern ein Duplo zu und sagt nur ‚Für die Nerven!‘, berichtet Gaby. „Einfach toll! Da fühlt man sich wertgeschätzt und freut sich!“
Marc ist inzwischen seit sechs Jahren Fahrer bei der KVB, seine Ehefrau Angelina seit 2016. Kennengelernt haben sich die beiden aber weder bei den Verkehrs-Betrieben, noch bei der Post, bei der Angelina vorher ebenfalls tätig war. Statt der Kaffeebud´ war es bei ihnen eine Kneipe, in der sie sich erstmals begegneten. Angelina: „Nach der Post habe ich Fachabitur gemacht und war bei einem Rechtsanwalt, aber da war ich nicht zufrieden. Marc hat mich bequatscht und dann habe ich mich anstecken lassen von den anderen in der Familie.“
Angelina liebt es, Straßenbahn zu fahren: „Das macht mir riesig Spaß. Ich hätte das vorher nicht gedacht, aber es ist einfach super“, sagt sie. Deshalb fiel es ihr schwer, ab dem dritten Schwangerschaftsmonat nicht mehr fahren zu dürfen: „Die KVB ist da sehr korrekt. Das ist toll, hat mir aber schon viel ausgemacht. Ich wäre gern noch bis zum Beginn meines Schwangerschaftsurlaubs weiter gefahren, aber das ist nicht erlaubt.“
Und ein bisschen muss Angelina sich wohl auch noch gedulden, bis sie wieder „auf Strecke“ gehen kann, denn am 13. November kurz nach 22 Uhr kam Töchterchen Fiona auf die Welt – im Severinsklösterchen, wie sich das für viele Kölner aus dem Süden der Stadt gehört. „Wir haben beschlossen, dass Marc weiterarbeitet und ich die Elternzeit übernehme. Das ist auch schön, aber ich würde gern auch selbst mal wieder am Schalthebel sitzen und ein paar Ründchen drehen.“
Daraus wird erst einmal nichts. Fiona hat einiges umgekrempelt im Leben der Familie Otto-Geißler. Weil die Wohnung zu klein war, sind Marc und Angelina umgezogen – allerdings nur ein paar Ecken weiter. Aber zusammen halten die Familienmitglieder jetzt natürlich erst recht. Und damit bei den unterschiedlichen Schichtdiensten das Familienleben nicht leidet, muss alles gut abgestimmt sein. „Das klappt“, sagt Gaby. „Wir stehen um 3 Uhr auf und fahren zusammen zum Betriebshof West und dann geht jeder auf seine Tour. Wer zuerst frei hat, holt das Auto, die anderen kommen mit der Bahn nach Hause. Das lässt sich ganz gut organisieren.“
Das gilt natürlich auch für Weihnachten, denn auch dann müssen die Bahnen rollen und jemand muss sie steuern. Bis auf Angelina sind deshalb alle am Heiligabend im Dienst. Gaby: „Das ist okay für uns. Entweder kann ich meinen Dienst noch tauschen oder ich koche einfach vor. Irgendwann am Nachmittag trudeln dann alle ein und wir feiern ganz normal alle zusammen – wie andere Familien auch.“
Diesmal mit Fiona, die noch nicht ahnt, in was für eine besondere Familie sie da hineingeboren wurde. Was sie einmal werden wird, bleibt abzuwarten, aber – wie gesagt – die Weichen scheinen gestellt…
Wir wünschen Fiona und unseren Kollegen Gaby und Ewald, Angelina und Marc alles, alles Gute für ihr weiteres Leben und vor allem ein schönes und fröhliches Weihnachtsfest.
Dasselbe wünschen wir unseren Blog-Lesern!
Und für alle, die es noch nicht wissen und sich 2018 verändern möchten: Wer Stadtbahnfahrer/in werden will, muss mindestens 21 Jahre alt sein, mindestens 1,63 Meter klein (sonst kommt man an manche Hebel und Tasten in der Bahn nicht heran), maximal 1,93 Meter groß und er oder sie muss eine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Außerdem – so Gaby – muss man hoch motiviert sein. Sind Sie? Na denn man los und viel Erfolg!
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Interessante Geschichte, das mehrere Familienmitglieder beim selben Unternehmen/Arbeitgeber arbeiten gibts ja hin und wieder schonmal. Gleicher Beruf ist eher selten aber kommt auch schon mal vor. Gemeinsame Hobbys gibt es ja auch immer mal wieder.
Aber was wirklich ungewöhnlich ist, ist das die 4 ja laut dem Artikel alle zusammen wohnen und nur ein einziges Auto haben. Das kann doch wirklich nicht sein, das die alle nur in einer Wohnung wohnen und sich Sohn und seine Frau kein eigenes Auto leisten können. Wo gibts das, das der Sohn schon eine Frau heiratet und dann die Frau mit bei den Eltern vom Sohn einzieht? Das würde doch niemand machen, außer wenn die Eltern eine riesige Villa oder so hätten.
Vor allem das Marc und seine Frau ja beide arbeiten und sich dann keine eigene Wohnung leisten. Sorry, aber das ist wirklich to much und klingt wirklich als hätte man es nur für den Artikel erfunden. Ansonsten ist das glaube ich eine wahre Geschichte.