Geflüchtete werden Busfahrer

Die Herausforderung für die angehenden Busfahrer war an diesem regnerischen Julimorgen mindestens genau so groß wie die, ein 18-Meter-Gefährt durch die Stadt zu steuern: Die Teilnehmer der Busfahrschule für Geflüchtete stellten sich auf dem Betriebshof Nord der KVB zum ersten Mal den Fragen der zahlreichen Kölner Journalisten, wagten sich mit schon beachtlichen Deutschkenntnissen vor Kamera und Mikrofon – und erledigten ihre Auftritte mit Bravour.

Es war für die KVB und ihre Partner, die im September vorigen Jahres das Projekt Busfahrschule für Geflüchtete gestartet hatten, ein besonderer Tag: Fünf der Lehrgangsteilnehmer, eine Frau und vier Männer, aus Iran, Irak und Syrien, haben die letzte Phase ihrer Ausbildung begonnen – das Praktikum am Lenkrad eines KVB-Busses. Wenn sie das erfolgreich absolvieren, bekommen sie im Herbst eine Festanstellung bei der KVB und verstärken dann das Team von derzeit rund 620 Busfahrern.

Lehrgangs-Teilnehmerin Tara J. (r.) mit Fahrlehrerin Annette Simon

Lehrgangs-Teilnehmerin Tara J. (r.) mit Fahrlehrerin Annette Simon

„Sie haben mit diesem Projekt nicht nur in Köln eine Vorreiterrolle eingenommen“, lobte Roswitha Stock, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln, das Engagement des Unternehmens. „Geflüchteten Menschen in unserer Gesellschaft berufliche Chancen zu eröffnen und Berufe erlebbar und erlernbar für sie zu machen, ist eine große Aufgabe für uns alle.“ Die Arbeitsagentur ist gemeinsam mit dem Jobcenter Köln und dem Bildungswerk Verkehr Wirtschaft Logistik Nordrhein-Westfalen Partner der KVB bei der Realisierung des Projektes.

Bis zum Start des Praktikums haben die Lehrgangsteilnehmer zehn intensive, arbeitsreiche Monate hinter sich gebracht. Sprachkurs, Führerschein Klasse B, Führerschein Klasse D, Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer – und das alles vor dem Hintergrund belastender Lebensgeschichten und zum Teil schwieriger Lebensbedingungen. Keinem Bewerber wurde etwas geschenkt, alle Prüfungen wurden unter regulären Bedingungen absolviert. Und so ist es nicht verwunderlich, dass nicht alle der 13 gestarteten Lehrgangsteilnehmer den anspruchsvollen Weg bis zum Ende geschafft oder sich beruflich anders orientiert haben – aber auch sie werden vom Sprachkurs und den anderen Fähigkeiten profitieren, die sie sich bis zu ihrem Ausscheiden angeeignet haben.

Ali Asghar M. hat in seiner Heimat Iran schon Lkw gefahren

Michael M. hat in seiner Heimat Iran schon Lkw gefahren

„Wir sind beeindruckt, mit welcher Energie und welchem Engagement die Teilnehmer die Ausbildung bewältigt haben“, stellte Peter Densborn fest, Vorstand und Arbeitsdirektor der KVB. Denn den Geflüchteten wurde es keineswegs leicht gemacht. Sie mussten ja nicht nur die Grundlagen der deutschen Grammatik lernen, sondern dazu eine Vielzahl technischer Fachbegriffe – mit denen vermutlich auch mancher Deutsche seine Probleme hätte. „Aber die deutsche Sprache ist der Schlüssel“, hat Michael M. (33) aus Iran festgestellt, der erst vor einem Jahr begonnen hat, Deutsch zu lernen. Er hat in seiner Heimat bereits mehrere Jahre als Lkw-Fahrer gearbeitet und in den ersten Tagen als Busfahrer in Köln weitestgehend positive Erfahrungen gemacht: „Die Autofahrer machen mir Platz und lassen mich vorbei, das ist super“, sagt M., der mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach Köln gekommen ist. Er ist genau wie seine Mitstreiter der KVB und deren Partnern „sehr dankbar, dass sie uns die Chance gegeben haben, hier eine Ausbildung zu machen und einen Job zu bekommen.“

Karl Schroeteler, Bereichsleiter Bus bei der KVB, freut sich auf die Verstärkung für seine Mannschaft: „So engagiert, wie die Lehrgangsteilnehmer die Ausbildung bisher bewältigt haben, trauen wir ihnen zu, auch die Herausforderung zu meistern, unsere Busse mit im Schnitt 120 Fahrgästen durch die Stadt zu steuern.“

Die fünf Lehrgangsteilnehmer werden voraussichtlich nicht die letzten Geflüchteten sein, denen die KVB die Chance auf eine berufliche Perspektive bietet. Vorstand Peter Densborn jedenfalls hat das klare Signal gegeben, dass die Busfahrschule eine Neuauflage bekommt – voraussichtlich im nächsten Jahr.

Nach erfolgreich absolviertem Praktikum bekommen die Teilnehmer eine Festanstellung als Busfahrer bei der KVB.

Nach erfolgreich absolviertem Praktikum bekommen die Teilnehmer eine Festanstellung als Busfahrer bei der KVB.

Dabei ist die Busfahrschule nicht das einzige Engagement der KVB für Geflüchtete. Das Unternehmen stellt außerdem sechs Praktikumsplätze zur Verfügung, jeweils drei im kaufmännischen und technischen Bereich. Zwei junge Männer haben im August vorigen Jahres ihre Ausbildung zu Fachkräften im Fahrbetrieb Bus begonnen und diese bisher erfolgreich absolviert; im August 2017 wird ein Geflüchteter eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb Stadtbahn beginnen. Ein Geflüchteter aus Syrien hat nach einem Praktikum eine Festanstellung im Bereich der Nord-Süd Stadtbahn bekommen.
Damit ist die KVB Teil der Initiative, die Jürgen Fenske, Vorstandsvorsitzender der KVB und Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), 2016 gestartet hat. Er rief damals die dem Verband angeschlossenen Unternehmen auf, neue Stellen für Geflüchtete zu schaffen. Und die Resonanz ist beachtlich: Seitdem haben die Verkehrsunternehmen knapp 730 Praktikums-, Hospitanz- oder Ausbildungsstellen und sogar feste Arbeitsplätze eingerichtet.

Nur mit engagierten Partnern hat die KVB das Fahrschul-Projekt für Geflüchtete realisieren können.

Nur mit engagierten Partnern hat die KVB das Fahrschul-Projekt für Geflüchtete realisieren können.

Fotos
Stephan Anemüller
Christoph Seelbach
Kölner Verkehrs-Betriebe AG

 

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