Architekten der Verkehrswende

Die KVB baut zusammen mit der Stadt Köln und weiteren Partnern den neuen Umweltverbund konsequent aus.
Früher bestand der Umweltverbund vor allem aus der Aneinanderreihung der Verkehrsmittel abseits des Motorisierten Individualverkehrs (MIV). Inzwischen sind zu den Klassikern weitere Verkehrsangebote hinzugekommen, etwa Lastenräder, E-Mopeds, E-Scooter und On Demand-Fahrzeuge. Der neue Umweltverbund zeichnet sich vor allem aber durch die Vernetzung der Angebote mittels digitaler Möglichkeiten aus, was den modernen Kundenansprüchen entspricht. In Köln ist das vor allem die KVB-App.
 

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Zu den klassischen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes sind neue Angebote hinzugekommen.

Der neue Umweltverbund hat das Potenzial, die Verkehrswende real werden zu lassen. Dabei sind die Abgrenzung des Bediengebietes, die Vielfalt in der Angebotspalette und die Konzeption des täglichen Service vor Ort wesentliche Säulen. Die Weiterentwicklung des Umweltverbundes in den Städten verschiedener Größenordnungen ist deshalb keine triviale Aufgabe. Seine „Architekten“ können diese Aufgabenstellungen inzwischen in verschiedenen Studiengängen lernen und vor allem bei den unterschiedlichen Anbietern ausreifen lassen.
 
 
 
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Das Leihrad-Angebot der KVB wird auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt, erste Stationen wurden eröffnet.

Ausbau der Basis in die Fläche hinein
 
Aus wirtschaftlichen Gründen werden Sharing-Fahrzeuge jeweils vor allem in der City und der inneren Innenstadt angeboten. Die meisten Anbieter scheuen die Ränder der Innenstädte und vor allem die Vororte. Hier ist der Aufwand zu hoch und die Umsatzerwartung zu gering. Dabei können Sharing-Angebote gerade dort das ÖPNV-Angebot sinnvoll ergänzen, weil die Taktung des Bus- und Bahnverkehrs, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen folgend, hier auch „dünner“ ist. Wenn Menschen noch von der Verzichtbarkeit des eigenen Autos überzeugt werden müssen, dann hier. Die Bedienung der Fläche durch Sharing-Angebote ist deshalb eine wesentliche Voraussetzung für eine umfassende Verkehrswende in der Stadt.
Die KVB erweitert ihr Leihradangebot aktuell auf das gesamte Stadtgebiet.
 
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Der Radverkehr in Köln ist insgesamt im Aufwind. Das zeigt: Die Verkehrswende hat Schwung bekommen.

Erweiterung der Basis um neue Verkehrsangebote
 
In den vergangenen Jahren wurden weitere Sharing-Angebote entwickelt, die teilweise genau die Lücken im bisherigen Umweltverbund abdecken können. So bilden Lastenräder die bisher für viele Menschen noch fehlende Lösung, um das eigene Auto auch bei Wegen mit umfangreichem Gepäck stehen zu lassen. Auch die Elektrifizierung des normalen Leihrades stellt eine Lösung für körperlich schwächere Verkehrsteilnehmer und für längere Wegstrecken dar. Doch diese Verkehrsmittel weisen andere Rahmenbedingungen auf:
 
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Noch neu sind Lastenräder im Sharing-Angebot. Sie werden über Apps gefunden.

Durch die höheren Investitionskosten können z.B. nicht übermäßig viele Fahrzeuge angeboten werden. Die Anforderung an eine Hilfestellung zur Auffindbarkeit der einzelnen Fahrzeuge steigt damit.
Der Entwicklungsweg führt fast automatisch zu App-basierten Lösungen. Nun kann nicht jedes Sharing-Angebot durch die ÖPNV-Unternehmen selbst realisiert werden. Es bedarf der privaten Wirtschaft, um mit Innovations- und Finanzkraft aktiv zu sein. Dies ist in Köln wie in vielen anderen Städten der Fall. Für den neuen Umweltverbund bedeutet das aber, dass diese Anbieter in das Gesamtgefüge integriert werden müssen.
 
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Die KVB-App ist das digitale Verbindungselement Nr. 1 des neuen Umweltverbundes in Köln.

In Köln wurde die KVB-App als Schlüsselinstrument des Umweltverbundes gewählt. Das öffentliche Unternehmen KVB muss sich anbieterneutral verhalten. Somit stand schnell fest, dass alle Anbieter – so sie denn Interesse an einer Aufnahme haben – ihr Angebot informell in der KVB-App wiederfinden.
Zukünftig werden immer mehr Angebote auch über die App reservierbar und buchbar werden.
 
So ist es schon keine große Überraschung mehr, dass sich auch Taxen in der KVB-App wiederfinden – auch sie gehören klassischer Weise zum Umweltverbund.
Doch vergessen darf dabei auch nicht werden, dass es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland viele Versuche gegeben hat, Taxi-Unternehmer und ÖPNV-Betreiber näher aneinander zu bringen. Ganz so einfach war das nicht.
 
Die Stadt selbst arbeitet hinsichtlich der Verfügbarkeit der Angebote vor Ort mit dem Instrument eines „Letters of Intend“. Neu hinzukommende Anbieter werden bewegt, verschiedene Rahmenbedingungen hinsichtlich Abstellung, Verteilung, Nutzerbeeinflussung zu akzeptieren. Hiermit kann das Gesamtangebot der Sharing-Fahrzeuge im öffentlichen Straßenraum seine Akzeptanz behalten.
 
Service mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl
 
Die Akzeptanz des Sharings als Mobilitätssäule wird vor allem durch die tägliche Serviceleistung der Anbieter erreicht oder gefährdet. Gerade in diesen Wochen finden sich die Anbieter von E-Scootern deutlich in der Kritik. Einige ihrer Nutzer halten sich nicht an die naheliegenden Regeln im öffentlichen Raum. Fahrzeuge stehen manchmal überall, in zu großer Anzahl und werden auch – so in Köln – in Gewässer wie den Rhein und die städtischen Weiher versenkt. Hinzu kommen schwere Unfälle von Nutzern unter Alkoholeinfluss, die sich kaum einer Ausleihkontrolle unterziehen können.
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Die optimale Verteilung der angebotenen Fahrzeuge muss täglich erneut realisiert werden, um eine optimale Verknüpfung herzustellen. Der ÖPNV bildet für die weiteren Anbieter das Rückgrat des Umweltverbundes.

In skandinavischen Städten wie Oslo und Kopenhagen findet bereits eine Verdrängung der E-Scooter aus dem öffentlichen Raum statt.
Bei der Konzeption und Realisierung von Sharing-Angeboten ist deshalb der Aufbau eines geeigneten Services von entscheidender Bedeutung. Dabei scheint es von großem Vorteil zu sein, auf feste Teams – also mit Festverträgen und fairer Entlohnung – zu setzen. Deren Mitglieder entwickeln ein Verantwortungsgefühl, weil sie eben nicht in der nächsten Saison schon wieder weg sind. Und sie bauen Erfahrungen auf, die bei der optimalen Verteilung der Fahrzeuge hilft. Mit dieser Erfahrung können die einzelnen Anbieter ihre Produkte konsequent kundenorientiert und wirtschaftlich weiterentwickeln.
 
Optimistische Zukunft
 
In den deutschen Großstädten scheint der Wunsch nach einer Verkehrswende inzwischen bei einem nennenswerten Bevölkerungsanteil angekommen zu sein. Aktuelle Zahlen belegen das: Das neue KVB-Rad wurde von Mai bis August 2021 – in den ersten vier Monaten der neuen Vertragslaufzeit mit dem Partner nextbike (Leipzig) – insgesamt 590.000 Mal ausgeliehen. Das sind zehn Prozent der Gesamtnachfrage seit dem 8. Mai 2015, also der Eröffnung des Leihradangebotes.
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Die Innovationskraft der etablierten und der neuen Anbieter stimmt optimistisch, dass sich der Umweltverbund immer weiter im Sinne der Verkehrsteilnehmer entwickelt. Im Bild die Verknüpfung des CarSharing-Angebotes von cambio mit dem ÖPNV-Angebot der KVB über die VRS-Chipkarte .


Die Stadt Köln berichtet, dass der Radverkehr insgesamt im Jahr 2020 um 16 Prozent zugenommen habe (selbst unter Abzug eines Corona-Effektes von 50 Prozent sei das noch weit überdurchschnittlich). Die Ausleihmöglichkeiten von Lastenrädern in den Bürgerzentren Kölns haben die anfänglichen Erwartungen nach nur einem Jahr deutlich übertroffen und das städtische Förderprogramm zum Erwerb privater Lastenräder war schnell ausgeschöpft.
 
Dabei wurde der Umweltverbund nicht gänzlich neu erfunden. Vielmehr haben die ihn tragenden Akteure immer weiter entwickelt und nutzen hierbei neben neuen Technologien ein weitergehendes Kundenbild: Ihr gemeinsamer Markt ist die Gesamtheit des MIV, passgenaue Angebote werden hiervon beim Umstieg der Autofahrer ihren Anteil abbekommen. Es scheint also Sinn zu machen, jungen Menschen die Gestaltung des Umweltverbundes als ein mögliches Betätigungsfeld in der Ausbildung anzubieten.
 
Fotos: Stephan Anemüller, Christoph Seelbach, Green Moves Rheinland und Cambio Carsharing
 
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