Auf Umwegen zur KVB

Iosif Kovacs arbeitet seit acht Jahren im Fahrgastservice.
Der gebürtige Rumäne hat viel erlebt, bis er zur KVB kam: ständige Wohnortwechsel, prekäre Arbeitsverhältnisse, Obdachlosigkeit.

Iosif Kovacs spricht ruhig und gelassen über seinen Lebensweg. Dabei ist seine Geschichte alles andere als gewöhnlich. Der 44-Jährige KVB-Mitarbeiter stammt aus Satu Mare, einer Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern im Nordwesten von Rumänien.
 
Die Heimat hat er jedoch bereits vor mehr als 15 Jahren verlassen, um sein Glück im Ausland zu suchen. Zunächst ging der gelernte Automechaniker und Schreiner nach Italien, wo er sich mit Gelegenheitsjobs – im Sommer am Strand, ansonsten auf Baustellen – mehr schlecht als recht über Wasser hielt. Zum Jahreswechsel 2013/2014 zog Iosif Kovacs weiter über die Alpen nach Deutschland. Nach einer ersten Station in München und einem Abstecher nach Luxemburg kam er schließlich nach Köln. Doch auch hier fiel es ihm zunächst schwer, Fuß zu fassen. Gemeinsam mit Landsleuten half er erneut auf dem Bau aus, doch bis zum ersehnten Arbeitsvertrag inklusive Sozial- und Krankenversicherung war es noch ein weiter Weg. „Das größte Hindernis waren die fehlenden Sprachkenntnisse“, sagt Kovacs rückblickend. Außerdem war das Geld knapp, er übernachtete zunächst in einer Notschlafstelle der Stadt, dann in einem Zelt, bevor er sich von Erspartem einen Wohnwagen kaufte, den er auf einer Freifläche in Kalk abstellte ¬¬- ausgerechnet gegenüber vom Polizeipräsidium. Zugleich nutzte er das Angebot der Überlebensstation für Obdachlose Gulliver, die vom Kölner Arbeitslosenzentrum e.V. (KALZ e.V.) betrieben wird, um eine feste Anstellung zu finden.
 

Sicht auf den Eingang von Gulliver

Die Überlebensstation für Obdachlose Gulliver im Bahnbogen 1 der Hohenzollernbrücke

Gulliver: „Aus Gästen werden Mitarbeitende“

Die Überlebensstation für Obdachlose im Bahnbogen 1 der Hohenzollernbrücke wurde Anfang 2001 eröffnet und besteht somit seit mehr als 20 Jahren. Gulliver ist ein Dienstleistungs- und gleichermaßen Beschäftigungsprojekt für und mit obdachlosen Menschen, dessen Angebote wie Duschen, Kleiderkammer oder Gepäckaufbewahrung täglich von bis zu 150 obdachlose Menschen genutzt werden.
Bei den Mitarbeitenden im Gulliver handelt es sich in der Regel um langzeitarbeitslose Personen mit schwierigen Lebensumständen.
 
 
Für diese Menschen besteht ein Beschäftigungsangebot, das die Integration in Arbeit sowie die Lösung ihrer Problemlagen ermöglichen soll. Ziel ist es, die Mitarbeiter für den ersten Arbeitsmarkt, zumindest aber für den zweiten Arbeitsmarkt, zu qualifizieren und vorzubereiten und sie bei der Stellensuche, Vermittlung in Arbeit und bei der Lösung ihrer persönlichen und sozialen Schwierigkeiten zu unterstützen. „Aus Gästen werden Mitarbeitende“, fasst KALZ-Geschäftsführer Bernd Mombauer das Konzept zusammen. Er rechnet damit, dass die Nachfrage nach den Angeboten von Gulliver in den kommenden Jahren zunehmen wird. In Köln leben momentan mehr als 8.000 wohnungslose Menschen, darunter etwa 800 auf der Straße. Laut Bernd Mombauer werden diese Zahlen weiter steigen. „Die Wohnungskrise und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat dramatische Folgen“, so der Experte.
 

Mitarbeitende der KVB

Mitarbeitende aus dem Bereich Service, Sicherheit und Fahrausweisprüfung

Ein Sprachkurs als Wendepunkt

Iosif Kovacs hat Eindruck hinterlassen. Auch Jahre später kann sich Bernd Mombauer noch gut an ihn erinnern. „Seine Bodenständigkeit, sein Arbeitswillen und seine Disziplin waren außergewöhnlich.“ Kovacs arbeitete als Aushilfe im Gulliver, kochte Kaffee, gab Handtücher aus und räumte auf. Als Wendepunkt auf seinem Lebensweg erwies sich die Gelegenheit, an einem Deutschkurs teilzunehmen und die unverzichtbaren Sprachkenntnisse zu erwerben. „Iosif hat die Chance, die sich ihm geboten hat, direkt erkannt. Das ist leider nicht immer der Fall“, so Bernd Mombauer. Mit der erfolgreichen Beendigung des Kurses öffneten sich neue Möglichkeiten.
So konnte Iosif Kovacs zunächst ein Praktikum bei der KVB machen. Mit Erfolg, auf das Praktikum folgte die Festanstellung. „Seit dem 1. Mai 2015 habe ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag“, berichtet der Servicemitarbeiter stolz. Heute kennt er das Liniennetz der KVB, das immerhin knapp 250 Kilometer (Stadtbahn) bzw. 735 Kilometer (Bus) lang ist, in- und auswendig. Heute helfen ihm seine Sprachkenntnisse täglich weiter, Iosif Kovacs spricht fünf Sprachen und kann sowohl Bewohnern als auch Besuchern der Millionenstadt mit Rat und Tat zur Seite stehen. Seine Arbeit im Fahrgastservice macht ihm auch acht Jahre nach dem Start immer noch große Freude, neben dem Kontakt zu den Fahrgästen schätzt er besonders die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen. „Sie haben mich von Anfang an unterstützt und mir den Weg bereitet.“ Kovacs ist zur Ruhe gekommen, Köln ist sein Zuhause. Einen Traum hat er allerdings noch: den Busführerschein.
 

Stadtbahnen auf dem Neumarkt

Der Neumarkt gehört regelmäßig zum Einsatzgebiet von Iosif Kovacs

KVB ist Chancengeberin

Iosif Kovac hat den Sprung aus der Obdachlosigkeit geschafft und seine Chance bei der KVB genutzt. So wie es viele Menschen vor und nach ihm getan haben. Das Unternehmen versteht sich nicht nur als Mobilitätsdienstleister für die Menschen in Köln, sondern sieht sich auch als Chancengeberin. Die Herausforderungen im öffentlichen Personennahverkehr lassen sich nur auf Basis einer werteorientierten Zusammenarbeit bewältigen. Diese äußert sich bei der KVB in einem respektvollen, offenen, partnerschaftlichen Miteinander, das Raum lässt für die persönliche und berufliche Entwicklung.

Interessiert? Hier erfahren Sie mehr über Karrierechancen bei der KVB.

Die Fotos im Beitrag wurden von Chritian Seiter/KVB, Christoph Seelbach/KVB und Helge Neumann/KVB aufgenommen.

 

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