Die KVB kann auch Musik Das KVB-Orchester feiert 111-jähriges Bestehen
Das Foto aus den Gründerjahren zeigt eine große Schar ernst drein blickender uniformierter Männer. Vorne in der ersten Reihe, mit dem Taktstock, das ist vermutlich Anton Pohl. Schaffner Pohl hat im Februar 1905 das KVB-Orchester ins Leben gerufen, ein Ensemble, das zwei Weltkriege überdauert, die eine oder andere kleinere Krise überstanden hat und heute ein aktiver, lebendiger Teil des Musiklebens der Stadt ist – und eines der ganz wenigen Werksorchester, die es überhaupt noch gibt. Und weil man in Köln ja einen eigenen Umgang mit Jubiläen pflegt, feiert das Orchester jetzt sein 111-jähriges Bestehen – mit einem großen (bereits ausverkauften) Konzert am 29. Oktober in der wunderbar restaurierten Flora, gemeinsam mit den Bläck Fööss, mit der Sängerin Kim Howbridge und dem Chor „Troubadix Erben“. Der Erlös des Benefizkonzertes ist für das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße bestimmt.
„Vermutlich waren die ersten Musiker vorwiegend Schaffner“, sagt Manfred Mungen, 1. Vorsitzender („Präsident“) des Orchesters, das heute mehr als 50 Mitglieder zählt. Bereits sieben Jahre nach der eher privaten Gründung durch Anton Pohl wurde das Ensemble offiziell zur „Musikkapelle der Städtischen Bahnen“. Schon damals gab es offenbar ganz unterschiedliche Anlässe, zu denen die Musiker aufspielten. In einer Gesprächsniederschrift vom 13. März 1912 jedenfalls, so steht es in der Chronik des Orchesters, wurde vom „Herrn Direktor in Aussicht gestellt, die Kapelle nicht nur bei Begräbnissen von Straßenbahnern unter Fortzahlung des Lohnes vom Dienst zu befreien, sondern dieses Benefizium eventl. auch noch auf weitere Fälle (Kaisers Geburtstag, 25 jähr. Dienstjubiläum eines Straßenbahnfahrers etc.) auszudehnen.“
Wie es dem Orchester in den folgenden Jahrzehnten erging, darüber ist wenig bekannt. Klar ist, dass die Musiker nach 1947 – dann als „Musikkorps der städtischen Bahnen Köln“ – wieder sehr gefragt waren. „Sie traten zum Beispiel bei Kurkonzerten etwa in Bad Neuenahr auf“, sagt Mungen. Oder auch bei der Einweihung von Bus- oder Bahnlinien und bei der Bundesgartenschau 1957. „Und sie hatten immer regelrechte Galauniformen an.“ Wie das Repertoire des Orchesters damals aussah, darüber kann Mungen nur spekulieren: „Wir haben jede Menge alter Noten gefunden, Ouvertüren von Wagner und Beethoven zum Beispiel. Und daher gehen wir davon aus, dass diese Stücke auch gespielt wurden.“
Von 1959 an leitete der Kirchenmusiker Hans Esser fast 30 Jahre lang das Orchester. Schon damals wurden die ersten Gastmusiker ins Ensemble integriert. Unter Betin Günes, der 1987 das Dirigentenamt übernahm, wurde eine erste Schallplatte aufgenommen, und 1988 ging es sogar auf große Konzertreise in die Türkei. Nach einem nur einjährigen Gastspiel von Klaus Lohrer vom Gürzenich-Orchester übernahm 1992 Echo-Klassik-Preisträger Patrick Dreier (als Trompeter schon auf der Türkeireise dabei) den Taktstock – und feiert damit im nächsten Jahr schon seit 25-jähriges Dirigenten-Jubiläum. Was macht für ihn den Reiz der Arbeit mit dem KVB-Orchester aus? „Wir haben ein unheimlich breit gefächertes Programm, die Qualität ist gut, die Musiker sind mit viel Enthusiasmus bei der Sache“, sagt der Diplom-Trompeter und staatlich geprüfte Musiklehrer. „Und ganz wichtig ist es, dass es ihnen Spaß macht.“
Dreier, im baden-württembergischen Appenweier geboren, hat nach einem Mitglieder-Einbruch vor etwa 15 Jahren neue Kräfte fürs Orchester gewonnen, das musikalische Niveau deutlich weiterentwickelt, das Repertoire erweitert. Filmmusik, Musicals, ab und zu mal ein Marsch, inzwischen viel Kölsches – die Palette ist breit. Das Orchester spielt auf Pfarrfesten, bei Goldhochzeiten, regelmäßig auf dem Weihnachtsmarkt am Roncalliplatz, zur Eröffnung von Haltestellen und, und, und. Zum 100-jährigen Bestehen gab´s ein großes Konzert in der Philharmonie (ebenfalls mit den Fööss), der 105. Geburtstag wurde mit dem Kölner Männer-Gesang-Verein im Museum Thielenbruch gefeiert, es ging auf Konzertreise nach Cuxhaven, und auch bei der Amtseinführung von Kardinal Rainer Maria Woelki musizierte das Orchester auf dem Roncalliplatz.
Bei aller erfolgreichen Arbeit – einen Wunsch zum Jubiläum hat Patrick Dreier doch: „Ich hätte gerne mehr KVB-Mitarbeiter im Ensemble“, sagt der 52-jährige Berufsmusiker. „Am liebsten Klarinetten und Posaunen.“
Sie möchten noch weitere Artikel lesen?
audit berufundfamilie – Die KVB als familienfreundlicher Arbeitgeber
KVB-Fahrer – ein Job für jedermann?
Meine Linie: die Linie 9
Neue Ticket-Automaten: High Tech im Testbetrieb
Sie möchten regelmäßig per E-Mail über neue Blogbeiträge benachrichtigt werden?
Dann klicken Sie hier!