Wie kommt der Strom in die Bahn ?

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Jeder kennt sie, die Kupferdrähte, die überall in der Stadt zu finden sind, und die unsere Bahnen mit Strom versorgen. Aber wie das funktioniert, dass der Strom auch bei der Bahn ankommt, das weiß vielleicht nicht jeder. Um mehr über unser Oberleitungsnetz zu erfahren, habe ich mich mit Frank Fritscher getroffen. Der 47-Jährige ist bei der KVB für die Fahrleitungstechnik verantwortlich. Fahrleitung ist übrigens der Fachausdruck für Oberleitung.

 

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Frank Fritscher, Leiter Fahrleitungstechnik, © Foto: KVB/Christoph Seelbach

Die Fahrleitung überspannt knapp 300 Kilometer der Stadt Köln. Egal ob Linienwege, Zufahrten zu Betriebshöfen oder Wendeanlagen: Die Stadtbahnen brauchen den Strom aus den Fahrleitungen über unseren Köpfen, um sich fortbewegen zu können. Es geht aber nicht nur um die Fortbewegung, erläutert Frank. Die Bahnen brauchen Strom für die Heizung, die Temperiergeräte und die Elektroinstallationen vom Licht bis zum Fahrscheinautomaten. „So eine Bahn von heute braucht mehr Strom als früher, und die Taktung ist immer dichter geworden“, erklärt er. „In den letzten Jahrzehnten wurde das Fahrleitungsnetz immer weiter aufgerüstet.“ In Köln gibt es also mittlerweile – ganz ähnlich wie bei der Deutschen Bahn – eine „Hochkettenfahrleitung in schwerer Ausführung“.

 

Versetzte Konstruktion

Der Strom kommt aus den im Eisenbahnerjargon „Unterwerk“ bezeichneten Umspannwerken, die den Starkstrom der RheinEnergie in KVB-taugliche 800 Volt Gleichstrom verwandeln und auch den Strom aufnehmen, der über die Schienen aus den Fahrzeugen wieder ausgeleitet wird. Denn wir erinnern uns an den Physikunterricht: Die elektrische Leitung funktioniert nur als Kreislauf.

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Der Stromkreislauf einer Stadtbahn

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Schemazeichnung des Rillenfahrdrahts

Im Alltag fällt es wahrscheinlich kaum auf, aber die Oberleitungsstücke sind jeweils maximal 1.500 Meter lang und durch Radsätze mit Gewichten nachgespannt. Sie liegen auch nicht, anders als es auf den ersten Blick erscheint, wirklich parallel über den Gleisen, sondern sind im Prinzip im Zickzack zwischen den Fahrleitungsmasten aufgehängt.

Dank einer Kerbe im Kupferdraht, die genau auf die Fahrdrahtklemmen angepasst ist, kann die Leitung so verlegt werden, dass die Stromabnehmer nur den völlig glatten Draht berühren.

Fahrdraht

Fahrdraht

Bevor der eine Kupferdraht wieder einen Mast erreicht, ist ein neuer Draht bereits dazu gehängt, so dass die durchgehende Stromversorgung gewährleistet ist. Diese Art der Aufhängung sorgt übrigens auch dafür, dass der Stromabnehmer nicht übermäßig abgenutzt wird, denn so wandert der Fahrdraht quasi über den Stromabnehmer. Wichtig: Im Störungsfall können immer auch Teilstücke der Oberleitung vom Stromnetz getrennt werden, so dass nicht das ganze Netz betroffen ist.

 

Fahrleitungstechniker: Berufung für vielseitige Handwerker

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Frank Fritscher mit seinem Team, © Foto: KVB/Christoph Seelbach

Und was sind das für Leute, die die Oberleitungen bei der KVB montieren? „Schlosser, ja hauptsächlich Schlosser, ein paar Elektriker und andere Handwerker“, so stellt mir Frank sein Team vor. 38 harte Kerle, die bei Wind und Wetter draußen arbeiten, die die Oberleitungen mit 3.000 Kilogramm auf Zug bringen können, die 24 Stunden am Tag in der ganzen Stadt sofort zur Stelle sind, falls etwas mit dem Fahrdraht nicht stimmt. Kerle, die alles beherrschen vom Tiefbau bis zur Kettensäge, die Stadtbahnen fahren und auch noch sorgfältig prüfen können, ob die tödlichen 800 Volt Gleichstrom vielleicht doch noch aktiv sind, die der Kupferdraht führt.

„Wir haben hier einen Dreischichtbetrieb“, erklärt Frank. „Oft ist nachts aber mehr los als tagsüber, denn es gibt viele geplante Arbeiten.“ Alle Instandhaltungen sollen in der kurzen KVB-Betriebspause durchgeführt werden, aber auch für Kranaufbauten, Schwerlasttransporte, Grünschnitt, Haltestellenreinigungen und natürlich tagsüber beispielsweise für die Karnevalszüge müssen die Kollegen ran und die Oberleitung im Zweifelsfalle nicht nur abschalten, sondern auch mal aushängen.

Fahrleitungsarbeiten

Arbeiten an der Fahrleitung

Die geplanten Arbeiten sind Routine für die Männer, die bei der KVB zusätzlich zum Lehrberuf noch Mal mindestens zwei Jahre „on the Job“ eingearbeitet werden, bis sie alle Handgriffe kennen.

Spannend wird es dann, wenn andere Leute das Haus längst nicht mehr verlassen. „Den Orkan „Kyrill“ haben wir alle noch in Erinnerung“, erzählt Frank. Auch wenn es bereits neun Jahre her ist, der 30-Stunden-Dauereinsatz fast aller Kollegen ist noch sehr präsent. „Da haben alle ihre Sachen gepackt, auch die DB, aber wir haben während des Sturms durchgearbeitet.“ Und was gefällt ihm noch besonders gut am Job? „Mit dem Turmwagen direkt an der Strecke des Rosenmontagszugs stehen, und Prinz, Bauer und Jungfrau theoretisch die Hand schütteln können.“

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15 Kommentare

  • Ich finde es wirklich klasse, dass Sie sich all diese Mühe machen und die Informationen mit uns teilen. Danke dafür.
    Gruß Karin

  • Rüdiger Krause

    „die die Oberleitungen mit 3.000 Kilogramm auf Zug bringen können“, Kilogramm ist die Einheit der Masse und hat mit (Zug-)Kraft erst einmal nichts zu tun.

  • Rüdiger Krause

    Einen lieben Dank an die Fahrleitungstechniker, die am Rosenmontag die Oberleitung am Chlodwigplatz geerdet haben. Die Jungs haben unseren Sanitätern einen Dach über dem Kopf verschafft als es regnete, indem sie die Klappen der seitlich angebrachten Kästen am Lkw öffnete, sodass sich die Einsatzkräfte dort drunter stellen konnten.

    Danke. 🙂

  • Thomas Berscheid

    Danke für die ausführlichen Informationen zum Leitungsnetz der KVB! Ich schreibe gerade einen Krimi, bei dem ein Stromschlag aus der Oberleitung der 12 in Niehl eine wichtige Rolle spielt. Jetzt weiß ich, dass es nicht die 15.000 Volt sind, die bei der Deutschen Bahn im Einsatz sind.

    • Die 800 V sollten ausreichen, sie müssen also Ihre Krimi-Pläne nicht auf Eis legen 😉 Viel Erfolg 🤞

    • DB_Bahnfan

      Die DB hat auch ein ganz anderes Stromsystem mit 15.000 V und einer Ferquenz vom 16,7 Hz.
      Laut meines Wissens wurde die Frequenz damals so gewählt weil es günstig war für die Elektromotoren der Lokomotiven welche Wechselstrommotoren waren.
      Bei der Tram hat man glaube ich damals hauptsächlich Gleichstrommotoren genutzt.

  • AlstomTrainFan01

    Welchen Querschnitt haben in etwa die Oberleitungen? Und wie viel Ampere fließen da etwa? Laut dem Text sind die Abschnitte ja maximal 1500m lang.

    Bei c.a. 750-800V muss der Strom (in Ampere, Formelzeichen I) ja viel höher sein als bei der DB um die gleiche Leistung zu übertragen.
    Bei der DB hat die Oberleitung ja 15.000V AC 16,7 hz.

    Als Beispiel, nehmen wir mal an eine Bahn benötigt 100 Kilowatt Leistung. Mit P=U*I kann man das berechnen.

    Dazu wird die Formel zu P/U=I umgestellt

    100.000W/15.000V = c.a. 6,67 A
    Bei 15 kV würden also etwa 6,67 Ampere fließen

    Das gleiche mit 800V
    100.000W/800V = c.a. 125 A

    Bei „nur“ 800V benötigt man 125 Ampere um die gleiche Leistung zu übertragen.

    Es müssen also sehr große Ströme fließen um genügend Leistung für die Bahnen zu übertragen. Die Leitungsverluste werden entspechend hoch.

    Mir ist noch was weiteres aufgefallen, es muss ja echt viele Unterwerke geben
    An jedem Abschnitt (der maximal 1,5 km lang ist) gibts ja eine „Einspeisung“
    Laut Wikipedia ist das Stadtbahnnetz in Köln etwa 198 Km lang. Das müssten dann grob etwa 132 oder mehr sein.
    Die Leitungslänge des Fahrdrahtes ist locker 400Km oder mehr da es ja viele zweigleisige Abschnitte gibt.

    Wie können da nur 38 Leute es schaffen, das alles zu warten? Die KVB hat ja auch nur 3 oder 2 Bauzüge, die müssen ja ständig unterwegs sein bei der Netzgröße.

  • Ein wütender DB Mitarbeiter

    Unverschämtheit! Als der Orkan Kyrill übers Land fegte, war ich für die DB im Oberleitungstrupp im Einsatz. Wir haben sogar Bäume für die KVB entfernt, da deren Kettensägen zu KLEIN waren!

    Absolute Frechheit zu behaupten die DB hätte das Weite gesucht!

    Mehr als enttäuscht und verärgert von dieser Aussage.

    • Hallo lieber DB-Kollege,
      tut mir leid, wenn du dich über unseren Blog aufregst 😬
      Ich kann das jetzt schlecht beurteilen und nach über 15 Jahren kriegen wir das sicher auch nicht mehr geklärt. Ich glaube aber nicht, dass der Kollege das einfach so erfunden hat. Es waren ja sicher mehrere Trupps unterwegs, evtl. kommen daher die unterschiedlichen Wahrnehmungen.
      Gruß
      Markus

  • Barfuchs

    Was ich jetzt gern gewusst hätte, ist warum es jetzt nicht tödlich ist, die Gleise z.B. barfuß zu berühren… Wenn diese eine Seite eines Gleichspannungskreislaufs sind, heißt das entweder kommen da Elektronen raus, oder es gibt jede Mende positive Ionen die Elektronen ableiten. In jedem Falle klingt das nach … *ka-wumm*, Schwarzfußindianer. 😉

    Ich nehme an es ist dir positive Seite, aber trotzdem fehlt mir da die entscheidende Info…

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