Nachwuchs für Schiene und Straße
Bus- und Bahnfahrer dringend gesucht!
Bei der KVB gibt es je eine Fahrschule für Stadtbahn und Bus. Hier bilden wir mit Hochdruck neue Fahrerinnen und Fahrern aus, um dem Personalmangel zu begegnen.
Diese Reportage gibt einen Einblick in die Arbeit der beiden Fahrschulen.
Die KVB wirbt derzeit auf vielen Wegen und Kanälen um Fahrerinnen und Fahrer für Busse und Stadtbahnen. Das #TeamHerzschlag braucht dringend Menschen, die auch in Zukunft den Puls der Stadt am Laufen halten und die mittelfristig dafür sorgen, dass die Betriebsqualität wieder besser wird. Viele Maßnahmen wurden zuletzt für dieses Ziel in die Wege geleitet. Und die Anstrengungen tragen Früchte. In regelmäßigen Abständen begrüßt die KVB neue Fahrschülerinnen und Fahrschüler, die sich auf einen Platz ganz vorne links im Bus oder in der Bahn beworben haben.
Fahrschul-Kapazitäten werden erhöht
In der Fahrschule der Stadtbahn haben im Jahr 2024 insgesamt 125 Personen eine Ausbildung begonnen. Alle vier Monate startet bei der KVB ein neuer Kurs am Betriebshof West in Köln-Braunsfeld. Für das Jahr 2025 soll die Einstellung auf 180 Personen erhöht werden. Die Kapazität der Bahn-Fahrschule wird dafür durch zehn fahrpraktische Ausbilder erweitert, um alle Unterrichte, Weiterbildungen und Ausbildungen sicherzustellen.
Auch bei der Fahrschule Bus am Betriebshof Nord in Köln-Niehl wird viel in das Recruiting investiert. Insgesamt waren im vergangenen Jahr hier 114 Personen in der Ausbildung. Im nächsten Jahr soll auch hier die Zahl der Fahrschülerinnen und Fahrschüler steigen. Hierfür werden auch teilweise externe Fahrschulen für bestimmte Einheiten eingesetzt. Unterschiede gibt es bei der Dauer der Fahrschulen. Während die Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer nur etwa drei Monate bis zum Erwerb der Fahrerlaubnis benötigen, dauert es beim Bus zwischen sieben und acht Monate, bis die praktische Prüfung abgelegt wird.
Frank Faßbender leitet die Fahrschule Stadtbahn seit 2009.Die 15 Fahrlehrer seines Teams führen neben der Ausbildung auch alle Weiterbildungen für den Fahrdienst durch.
Viele Quereinsteiger trauen sich den Beruf des Bahnfahrers zu. Das hat zur Folge, dass die Quote derjenigen, die die Ausbildung wieder abbrechen recht hoch ist. Der Arbeitsmarkt hat sich verändert und ist zu einem Arbeitnehmermarkt geworden. „Viele Bewerber fahren mehrgleisig, haben neben der KVB noch andere Bewerbungen laufen und entscheiden sich dann nochmal um.
Andere stellen fest, dass sie andere Erwartungen an den Job hatten oder ihnen das Bahnfahren einfach nicht liegt“, weiß Faßbender zu berichten. Und er ergänzt: „Die Motivation ist ganz wichtig. Man muss bereit sein, Neues lernen zu wollen und den Job so annehmen wie er ist.“ Neben den Stadtbahnen sorgen die Busse der KVB für den Herzschlag der Stadt. Auch hier ist die Fluktuation hoch. Rentenaustritte, Wechsel in andere Positionen oder in andere Unternehmen, Weiterbildungen oder andere Gründe – ständig muss für qualifizierten Nachschub hinter dem Lenkrad gesorgt werden.
Dafür zuständig ist die KVB-interne Bus-Fahrschule, die von Sven Jansen geleitet wird. Neben Jansen sind fünf Fahrlehrer, eine Fahrlehrerin sowie eine Büro-Mitarbeiterin aktuell damit beschäftigt, die neu eingestellten Kolleginnen und Kollegen so fahrtüchtig zu machen, dass sie diese wichtige Aufgabe im Kölner Straßenverkehr übernehmen können.
„Das Fahren eines Busses im öffentlichen Nahverkehr bringt eine große Verantwortung mit sich. Für uns ist ganz wichtig, dass sich unsere Fahrerinnen und Fahrer nach der Ausbildung sicher durch die Stadt bewegen können. Dafür bedarf es vor allem Gelassenheit. Man darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und natürlich sollte man auch Spaß am Fahren haben“, erklärt Sven Jansen.
Montagmorgen, 6:30 Uhr beginnt der UnterrichtWer Bus- oder Bahnfahrer werden will, muss früh aufstehen. Um 6:30 Uhr starten die Fahrschüler in der Fahrschule der Stadtbahn fast jeden Morgen am Betriebshof West mit dem theoretischen Unterricht bei Markus Blüggel. Er ist seit über 30 Jahren bei der KVB und weiß genau, wie er seine Schützlinge auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet. Die 32 Männer und Frauen im Betriebshof West sind seit ein paar Wochen eine „Klasse“ – fast so wie früher in der Schule. Und das erste Thema, welches besprochen wird, erinnert tatsächlich an längst vergangene Zeiten. Es geht um die anstehende Zwischenprüfung.
KVB-Fahrlehrer Blüggel gibt die genauen Zeiten bekannt und erklärt etwas zum Ablauf. Die Prüfung setzt sich aus einer mündlichen Fragerunde und einer praktischen Prüfungsfahrt zusammen. Man merkt, dass der ein oder andere schon etwas nervös ist. Bei vielen sind die letzten Prüfungen dieser Art schon eine ganze Weile her.
Andreas Dannhauer zum Beispiel ist 38 Jahre alt und wie so viele andere angehende Stadtbahnfahrer ein Quereinsteiger.Als ausgebildeter Einzelhandelskaufmann hatte er zuletzt in einem Möbelgeschäft Küchen verkauft. Auf die KVB ist er durch einen ehemaligen Kollegen aufmerksam gemacht worden, der bereits hier arbeitet. „Von daher weiß ich, dass die KVB ein sicherer und guter Arbeitgeber ist“, erzählt Dannhauer.
Da er in Zülpich wohnt und Köln noch nicht so gut kannte, musste er in den ersten Wochen der Ausbildung das hiesige Streckennetz erstmal kennenlernen.
Nach den Infos zur Zwischenprüfung geht es im theoretischen Unterricht mit dem Thema Stromabnehmer weiter. Das Wissen, welches sich die angehenden Straßenbahnfahrer aneignen müssen, ist umfassend. Neben der Streckenkunde im Fahrgebiet und der Bedeutung aller Signale, ist eine genaue Kenntnis des Fahrzeugs extrem wichtig. So soll der Fahrer oder die Fahrerin bei einer Störung in der Lage sein, die Stadtbahn möglichst selbst wieder in Gang zu setzen.
Fahrlehrer Blüggel geht viele technische Details zur Stromversorgung der Bahnen durch, die Schüler stellen Nachfragen oder antworten auf Fragen des Lehrers. In der Pause erzählen die Männer und Frauen von ihren vorherigen Jobs. Einer hatte ein Büdchen, der andere war bei einem Baumarkt, der nächste in einem Möbelhaus angestellt. Eine junge Frau erzählt davon, wie überwältigt sie von ihrer ersten Fahrt mit der Stadtbahn war und welch große Verantwortung der Job mit sich bringt.
Man merkt, dass die gemeinsame Ausbildung zusammenschweißt. „Die Gruppe ist super. Wir helfen uns viel gegenseitig und lernen gemeinsam“, sagt Andreas Dannhauer.
60 bis 70 Fahrstunden vor der Prüfung
Auch in der Bus-Fahrschule startet der theoretische Unterricht bereits um 6:30 Uhr. „Die Ausbildung ist sehr umfangreich“, erläutert Sven Ihnen, der stellvertretende Leiter der Busfahrschule. Und er ergänzt: „In der Regel haben die Fahrschülerinnen und Fahrschüler 60 bis 70 Stunden hinter dem Lenkrad gesessen, bis sie ihre praktische Prüfung ablegen können.“ Der Gesetzgeber schreibt 58 Pflichtstunden Praxis vor. Grundsätzlich gibt es für die Ausbildung sehr viele gesetzliche Vorgaben.
Bevor das neue Fahrpersonal erstmals hinters Steuer darf, haben sie schon einen Vollzeitlehrgang über vier Wochen hinter sich, an dessen Ende eine Prüfung bei der IHK Köln steht. Hierbei geht es um die gewerbliche Nutzung des Führerscheins. Ebenso zum Pflichtprogramm gehört eine theoretische StVO-Prüfung. „Natürlich haben alle bereits den Kfz-Führerschein Klasse B gemacht und kennen die Verkehrsregeln“, sagt Sven Jansen. Um einen mehrere Tonnen schweren Bus inklusive Fahrgäste fahren zu dürfen benötigt es aber noch etwas mehr an Wissen.
Neben umfangreichen technischen Kenntnissen zum Fahrzeug sind dies beispielsweise Hinweise zu besonderen Risiken im Straßenverkehr oder das notwendige Know-how, was bei Unfällen, Pannen, Notfällen oder auch bei Kriminalität zu tun ist.
„Unsere Aufgabe ist es, unsere Prüflinge so vorzubereiten, dass sie die Prüfungen bestehen und gut für den Fahrdienst vorbereitet sind. Und bis auf wenige Ausnahmen schaffen wir das auch“, bilanziert Jansen die Ergebnisse der letzten Jahre. Nach Ende der eigentlichen Ausbildung erfolgt noch eine Weiterbildung, bei der die E-Bus-Einweisung, Tarif-Unterricht, interne Dienstanweisungen und Gelenkbusfahren auf dem Plan stehen.
In der Theorie-Stunde spricht Fahrlehrer Christian Pohl über Sozialvorschriften. Dabei geht es zum Beispiel um Lenk- und Ruhezeiten. Diese Sozialvorschriften sollen das Fahrpersonal schützen und sind EU-weit festgelegt. Im weiteren Verlauf geht Pohl einige Prüfungsfragen durch und die Männer und Frauen müssen reihum die richtigen Antworten nennen. Die Atmosphäre im Raum ist positiv. Wenn jemand die Antwort nicht weiß, springt der oder die nächste ein. Das Lernen der Inhalte fällt vielen jedoch nicht einfach. Oftmals liegt es auch an fehlenden Sprachkenntnissen. „Die Lernenden sollten sich gut auf Deutsch verständigen können, das ist später im Berufsalltag ganz wichtig“, sagt Sven Jansen. Welcher Schalter für welche Aktion?Für die angehenden Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer geht es nach einer kurzen Frühstückspause aufs Gleis. Nun wird in Kleingruppen an mehreren Fahrzeugen das eben erlernte noch einmal konkret umgesetzt. Die Fahrlehrer lassen jeden Fahrschüler einmal auf den Fahrersitz und gehen die Funktionen aller Schalter durch. Dabei muss beachtet werden, dass je nach Baureihe die Schalter abweichen. Basis für die Fahrschule ist die 4000er-Baureihe. Mit 124 Fahrzeugen besitzt die KVB davon am meisten. „Außerdem haben die 4000er bereits viel Elektronik eingebaut und sind daher recht einfach zu fahren“, erklärt Fahrlehrer Pierre Alt.
Und dann geht es endlich ans Fahren. Jeweils ein Fahrlehrer mit zwei bis vier Fahrschülern ist jetzt für mehrere Stunden kreuz und quer im Kölner Liniennetz unterwegs, um möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. In der Bahn von Oliver Lauderbach startet Andreas Dannhauer zunächst Richtung Stadion. Dort wird Halt gemacht und das zuvor erlernte „Abrüsten einer Bahn“ geübt. Lauderbach betont die Wichtigkeit dieser Aktion: „Die allermeisten Störungen lassen sich damit beheben. Und Störungen kommen fast täglich vor“, erklärt der Fahrlehrer.
Weiter geht es dann auf der Strecke der Linie 1 quer durch die Stadt. Es ist ein schöner Tag, die Sonne scheint und Köln zeigt sich von seiner schönsten Seite. Ohne Fahrgäste ist das Fahren natürlich deutlich entspannter. Ab und zu möchte jemand an einer der Haltestellen einsteigen, dann muss per Ansage darauf hingewiesen werden, dass dies eine Fahrschulbahn ist.„Das Fahren macht richtig Spaß. Aber man muss sich auch sehr konzentrieren. Vor allem in der Kölner Innenstadt, wo Autos, Radfahrer, Fußgänger unterwegs sind“, sagt Fahrschüler Dannhauer.
Dann tauchen wir ein in den Deutzer Untergrund. Dort übernimmt ein anderer Fahrschüler den Platz am Sollwertgeber. Dieser ist nicht nur für das Gas geben und bremsen zuständig, sondern muss alle acht Sekunden gedrückt werden, um dem Zug zu bestätigen, dass der Fahrer noch bei Bewusstsein ist. Erfolgt das nicht, kommt ein optisches Signal gefolgt von einem akustischen Signal. „Daran muss man sich erstmal gewöhnen – neben den ganzen anderen Dingen, die man zu beachten hat“, sagt Dannhauer. Nicht überall darf mit der Höchstgeschwindigkeit von 70 Km/h gefahren werden. An manchen Stellen ist sogar Schrittgeschwindigkeit angesagt.
„Besonders wichtig und für viele Anfänger schwierig sind die unterschiedlichen Weichensignale. Man muss zwingend ein Weichenbild haben, sonst darf man nicht weiterfahren“, erklärt Lauderbach. Für jede Strecke gibt es einen Plan, der anzeigt, wo Weichensignale zu erwarten sind und wie sie aussehen. Es ist tatsächlich viel, was von den angehenden Fahrern verlangt wird und man merkt, wie sich die Fahrschüler konzentrieren müssen. Dennoch sind sie zuversichtlich, dass sie demnächst selbstständig mit der Stadtbahn durch Köln fahren werden. Nach erfolgreicher Abschlussprüfung werden alle neuen Fahrer noch 21 Tage von einem Lehrfahrer begleitet. Erst danach sind sie ganz alleine für ihre Bahn und die Fahrgäste verantwortlich.
Vor dem Start erfolgt die AbfahrtskontrolleAuch für die Busfahrschüler geht es nach der Mittagspause mit einer Praxisrunde weiter. Dem Bus von Fahrlehrer Michael Hallescheck sind sechs Männer zugeteilt. Zum Start wird eine Abfahrtkontrolle durchgeführt. Dieses routinemäßige Überprüfen ist ein Teil der praktischen Prüfung. Dabei wird unter anderem der Bremsdruck, die Beleuchtung, die Bereifung, die Scheiben, die Spiegel, das Lenkspiel und vieles mehr gecheckt. Mithilfe von Lernkarten bekommt jeder Fahrschüler Aufgaben und muss dem Fahrlehrer zeigen, wie und wo man die Prüfung durchführt.
Nun setzt sich Fahrschüler Daniele Cilmi ans Lenkrad und startet den Bus in Richtung Betriebshof West. Der 53 Jahre alte Italiener war vorher Gastronom und Kurierfahrer. Den großen Bus hat er bisher nur einige wenige Stunden lang gelenkt. Mit Hilfe von Fahrlehrer Hallescheck geht es jetzt durch den Kölner Großstadtdschungel. Und direkt merkt man die Tücken des Verkehrsalltags. Viele Ampeln schalten kurz vorher von grün auf gelb um und erfordern eine schnelle Entscheidung: Kurz aufs Gas oder hart auf die Bremse? Nicht immer entscheidet sich Cilmi richtig. Der Fahrlehrer zeigt Verständnis, erklärt aber ruhig und sachlich, an welcher Stelle er anders gehandelt hätte: „Vorausschauend fahren… Gleichmäßig bremsen… Zu früh in die Kurve eingelenkt… Hier hätte ich gewartet, bis die Ampel grün wird…“ Notfalls kann der Fahrlehrer auch mit Gas und Bremse eingreifen, aber nötig wird das diesmal nicht.
Hallescheck lebt Ruhe und Umsicht vor. Charaktereigenschaften die für Busfahrerinnen und Busfahrer von großer Wichtigkeit sind. Auch als Fahrschüler Cilmi, beim Westforum angekommen, mit dem Bus das „Rückwärts um die Ecke setzen“ übt. Hierfür muss er eine Person zum Absichern nach hinten schicken. „Tut er das in der praktischen Prüfung nicht, ist er durchgeflogen“, erklärt Hallescheck. Demnächst ist es bei Cilmi und seinen Mitstreitern aus dem Fahrschulbus soweit. Nach der Prüfung müssen sie dann noch ein paar Wochen mit einem Lehrfahrer fahren, bevor sie ganz alleine für ihren Bus zuständig sind.Dann geht es zurück zum Betriebshof Nord und der nächste Fahrschüler nimmt hinter dem Steuer Platz. Angesprochen auf seine Motivation sagt Daniele Cilmi: „Ich liebe es zu fahren!“ Beste Voraussetzungen, dass die KVB mit ihm und vielen anderen aktuellen Neulingen zuverlässiges Fahrpersonal auf die Straßen bringen wird.
Alle Fotos wurden von Christian Seiter aufgenommen.
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Kann ich mich auch ohne gute Deutschkenntnisse anmelden? Ich habe die deutsche Staatsangehörigkeit, habe sie aber noch nicht
Hallo Peter,
da in diesem Beruf auch mit den Fahrgästen kommuniziert werden muss, müssen die Sprachkenntnisse mindestens auf B2-Niveau sein.
VG Carola