Pilotprojekt „Bodycams“

 
„Bodycams“ werden immer häufiger eingesetzt – etwa bei der Polizei oder der Deutschen Bundesbahn. In einem Pilotprojekt werden Sie jetzt auch bei der KVB getestet.
20 Mitarbeitende aus dem Bereich Service, Sicherheit und Fahrausweisprüfung wurden für den Einsatz mit Körperkameras geschult und sind künftig im Netz der KVB unterwegs.

Sascha Lautwein findet das Vorhaben rundherum gut. Als „Leiter Sicherheit in der Bahn“ ist er der Vorgesetzte von mehr als 40 Mitarbeitenden, die im 3-Schicht-Dienst im gesamten ÖPNV-Netz unterwegs sind, in Bahnen und an und in den Haltstellen nach dem Rechten sehen und Fahrscheinkontrollen durchführen. Nicht immer ein ganz leichter Job.

„Die meisten Fahrgäste sind freundlich und offen, aber Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel“, sagt Lautwein. Statt lediglich vom Schreibtisch aus Weisungen zu erteilen, geht er oft selbst mit zu Einsätzen und hat sich – ebenso wie 19 seiner Mitarbeitenden – freiwillig zur Teilnahme an dem Pilotprojekt „Bodycams“ gemeldet. Lautwein: „Ich lege großen Wert darauf, auch selbst zu erleben, was die Kolleginnen und Kollegen auf der Strecke in ihrem Arbeitsalltag an Erfahrungen machen. So kann ich Situationen, denen sie teilweise ausgesetzt sind, besser einschätzen.“

Dienstbeginn: Sascha Lautwein bereitet sich für einen Einsatz mit der Bodycam vor

Dass das Klima „draußen“ härter geworden ist, erfährt er so auch aus eigener Anschauung: „Es gibt immer wieder renitente Personen, die auf Widerstand aus sind. Immer mehr wollen sich nicht an Regeln halten und missachten die Hausregeln wie das Alkoholkonsum- oder Verzehrverbot oder sie fahren ohne Fahrschein.

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Mitarbeitende aus dem Bereich Service, Sicherheit und Fahrausweisprüfung

Immer häufiger kommt es zu Übergriffen, wenn wir diese Menschen ansprechen. Vielfach sind das verbale Attacken und die Weigerung, Aufforderungen unsererseits nachzukommen, z.B. wenn wir jemanden bitten auszusteigen, der gegen die aktuellen 3G-Regeln verstößt. Zunehmend kommt es aber auch zu körperlichen Übergriffen, die Arbeitsausfälle nach sich ziehen.“

Tendenz: Deutlich steigend! 2019 verzeichnete die KVB rund 230 Ausfalltage aufgrund tätlicher Übergriffe auf Mitarbeiter, 2020 waren es bereits 580. Die Bodycams sollen dazu beitragen, diese Entwicklung aufzuhalten. In Konfliktsituationen sollen sie deeskalierend wirken und sowohl die Sicherheit derjenigen erhöhen, die die Bodycams tragen, aber auch die gegebenenfalls weiterer beteiligter Personen. Zu kritischen Situationen kommt es besonders bei Großveranstaltungen wie Karneval, Demonstrationen, Messen oder Risiko-Fußballspielen, aber auch im Rahmen alltäglicher Einsätze an Orten, an denen sich schwierige und zum Teil gewaltbereite Personengruppen aufhalten.

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Einsätze finden in Stadtbahnen, Bussen,
in und an Haltestellen statt

Neben Maßnahmen wie Deeskalationstrainings und gezielten Fortbildungen, die bereits durchgeführt werden, sollen die Bodycams potentielle Täter präventiv abschrecken. Sascha Lautwein ist überzeugt, dass die Körperkameras etwas bringen: „Es gab durchaus schon Situationen, da hätte ich mir so eine Kamera gewünscht. Wenn ich die Kamera einschalte, sieht sich mein Gegenüber direkt im Display. Die Person realisiert zudem, dass sie gefilmt wird. Das wirkt oftmals.“

Der Einsatz der Körperkameras ist dann möglich, wenn jemand ein aggressives Verhalten zeigt, es zu verbalen Beleidigungen, Drohungen oder körperliche Auseinandersetzung kommt oder eine Situation unmittelbar zu eskalieren droht. Die Nutzung der Bodycams ist beschränkt auf Stadtbahnen, Busse und Haltestellenbereiche, in denen die Mitarbeitenden befugt sind, das Hausrecht auszuüben. Da Bildaufnahmen im öffentlichen Raum einen Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger darstellen, dürfen diese nur in berechtigten Fällen aufgenommen werden.

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Sascha Lautwein mit Kollegin Maral Barin unterwegs im Netz

Konkret bedeutet das: Die Körperkamera darf nur dann aktiviert werden, wenn ein entsprechender Vorfall stattfindet oder zu erwarten ist. Die Zielperson wird vor dem Einschalten der Kamera auf die Aufnahme hingewiesen. Sollte sich die Situation hierdurch bereits beruhigen, ist eine Aufzeichnung nicht mehr notwendig. Die Aktivierung der Bodycam wird durch ein optisches Signal und das Aufleuchten des Displays angezeigt. Zudem sind die Mitarbeitenden mit beschrifteten Warnwesten bekleidet, auf denen das Wort „Video“ steht.

„Mit dem Auslösen der Aufnahmefunktion wird ein sogenanntes Pre-Recording aktiviert“, erläutert Sascha Lautwein. „Das bedeutet, es werden für die Dauer von zwei Minuten Bildaufnahmen gemacht, die jedoch laufend überschrieben werden. Sollte sich die Situation entspannen, wird der Aufnahmemodus deaktiviert und es erfolgt eine automatische Löschung aller Aufnahmen direkt auf der Kamera. Falls eine Situation eskaliert, kann durch Knopfdruck die Pre-Recording-Bildaufnahme gesichert werden und die Kamera schaltet in den laufenden Aufnahmemodus, bis eine Deaktivierung durch erneute Bedienung des Mitarbeiters erfolgt. Ein Dauerbetrieb der Kamera ist unzulässig.“

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Ladestationen für die Bodycams

Die Aufnahmen werden verschlüsselt aufbewahrt, sodass ein Zugriff Unbefugter ausgeschlossen ist. Die Bodycam-Träger selbst haben keine Zugriffsberechtigung. Da Tonaufnahmen im öffentlichen Raum weiterreichender rechtlichen Regelungen unterliegen, verzichtet die KVB zunächst auf akustische Aufzeichnungen. Nach einem etwa halbjährigen Probebetrieb wird diese Entscheidung auf Basis der bis dahin gemachten Erfahrungen aber gegebenenfalls neu bewerten.
Eine Auswertung oder ein Zugriff auf die Daten wird nur zu festgelegten Zwecken erfolgen – etwa um die Aufnahmen an die zuständige Ermittlungsbehörde zu übermitteln oder um eigene zivilrechtliche Ansprüche zu begründen. Lautwein: „Im Zweifelsfall helfen uns die Aufnahmen, um die Ergebnisse bei der Strafverfolgung, der Identifikation von Tätern und bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu verbessern“. Nicht benötigte Daten werden unverzüglich und irreversibel gelöscht.

Der Einsatz der Bodycams wird durch den Fachbereich Fahrgastsicherheit/Fahrgastservice regelmäßig ausgewertet. Dabei soll insbesondere erfasst werden, ob und in wieweit der Einsatz dazu führt, dass Übergriffe auf entsprechend ausgestattetes Personal rückläufig sind. Im Nachgang wird in Zusammenarbeit mit den städtischen Gremien über den weiteren Einsatz von Bodycams entschieden.

Bildnachweis: KVB/Christoph Seelbach.

Hier ein Film zum Thema:

 

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4 Kommentare

  • Anonymous

    Leider gibt mittlerweile zu viele Leute die nicht bekannt sind,durch schuldhaftes Verhalten der Regierung Merkel. Viele Leute habe 7 oder 8 Identitäten. Es ist nicht immer leicht in unserem Job. Liebe Kollegen ich wünsch e Euch das aller beste

  • Rüdiger Krause

    Warum wurde mein Kommentar mal wieder nicht freigeschaltet?

  • Rüdiger Krause

    Die Deutsche Bundesbahn hat nie Bodycams eingesetzt. Dies war damals noch gar kein Thema. Videoüberwachung gab es nicht, an Bodycams hat noch niemand gedacht.

    Richtig ist, dass die Deutsche Bahn AG seit einigen Jahren verstärkt auf Videoüberwachung setzt. Auch der Bereich Sicherheit setzt seit einiger Zeit auf Bodycams.

    Wozu Bodycams bei der KVB gut sein sollen, erschließt sich mir nicht. Alle Solobusse sind schon heute mit zwei, Gelenkbusse mit drei und Stadtbahnen mit vier Kameras ausgerüstet. Da die Bodycams auch keinen Ton aufnehmen, können die Aufnahmen letztendlich nicht mehr zeigen als heute schon mit den Kameras in der Bahn.

    Zudem ist nicht klar, was das Ergebnis des einjährigen Tests sein soll. Nehmen die Angriffe gegen Mitarbeiter mit Bodycam zu, dann sind sie kontraproduktiv. Dann muss man sie abschaffen. Ändert sich das Verhalten der Fahrgäste nicht, haben sie keinen Effekt und man kann drauf verzichten. Sind dann auf einmal alle ganz lieb und brav, haben sie ihren Zweck zwar erfüllt. Aber aufgrund der Tatsache, dass ja keiner mehr aggressiv gegenüber dem Personal auftritt, benötigt man sie auch nicht mehr.

    Also steht das Ergebnis doch heute schon fest. 😉

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