Nächtlicher Funkenregen unter Köln: Wie Spezialmaschinen die KVB-Schienen bearbeiten

Während die meisten Kölner schlafen und die Bahnen der KVB für ein paar Stunden stillstehen, beginnt tief unter der Stadt eine unsichtbare, aber essenzielle Arbeit. Es sind Instandhaltungsarbeiten die kaum jemand mitbekommt, aber einen großen Einfluss auf den täglichen Betrieb hat: das Schienenschleifen. Mit lautem Surren setzt sich die Schleifmaschine RRGM 1-20 der Firma L&S in Bewegung. Ausgestattet mit 20 Schleifköpfen, fährt sie langsam über die Gleise um Verschleiß, Riffel und Schienenfehler zu beseitigen. Ihr Ziel: Die Schienen wieder in ihre Ursprungsform bringen, damit die Bahnen am Morgen wieder sanft und sicher durch Köln rollen können.
Wenn der Tunnel raucht
Wer in den frühen Morgenstunden zufällig einen Blick in die U-Bahn-Tunnel wirft und dort einen leichten Rauch aufsteigen sieht, könnte sich wundern. Doch keine Sorge – es brennt nicht, sondern es ist das Ergebnis der Schleifmaschine. Für den entsprechenden Brandschutz ist gesorgt, hier werden vorab die entsprechenden Brandmeldeanlagen abgeschaltet und eine entsprechende Brandwache für den Schleifeinsatz gestellt.
Wo die Jungs der Abteilung Schienenbearbeitung unter der Leitung von Julien Czochra mit den handgeführten Schleifmaschinen an ihre Grenzen stoßen, übernimmt die RRGM 1-20. Millimeter für Millimeter trägt sie Material ab, bis die Schiene wieder die optimale Form erreicht hat.
Aber warum ist das überhaupt notwendig? Schienen unterliegen einem hohen Verschleiß. Tausende Bahnfahrten pro Tag sorgen für Abnutzung, Unebenheiten und Schäden. Bleiben diese unbehandelt, hat das spürbare Folgen:
• → Erhöhte Lärmemissionen – das bekannte Quietschen und Dröhnen
• → Vibrationen – die sich bis ins Mauerwerk und Wohnhäuser übertragen
• → Unbequemes Fahrgefühl – durch Ruckeln und Vibrationen
• → Materialschäden – bis hin zu defekten Bahnen oder Gleisen
Bevor die Schleifmaschine überhaupt startet, wird eine Schienenprofilmessung seitens der Fremdfirma durchgeführt. Diese Daten werden an das Steuerungssystem der Maschine übermittelt, die dann das passende Schleifprogramm wählt.
Der Schleifprozess läuft in mehreren Durchgängen ab: Zuerst wird grobes Material abgetragen, dann folgt ein Formschliff und anschließend Feinschliff. Währenddessen werden die Schienen immer wieder vermessen um sicherzustellen, dass der Soll-Zustand erreicht ist. Erst wenn das Profil wieder stimmt beendet die Maschine ihren Einsatz.
Riffel und Headchecks – Gefahr für die Schiene
Besonders problematisch sind sogenannte Riffel – feine, wellenförmige Unebenheiten auf der Schienenoberfläche die durch das ständige Überrollen der Räder entstehen. Diese Riffel verursachen nicht nur ein lautes Fahrgeräusch, sondern erhöhen auch den Verschleiß von Schiene und Rad erheblich.
Noch kritischer sind Headchecks – feine Risse, die sich unter anderem durch plattgefahrene Schienen und Materialverdrängung bilden. Bleiben sie unbehandelt, können sie sich vertiefen und im schlimmsten Fall zu Materialausbrüchen oder gar Schienenbrüchen führen. Um das zu verhindern, trägt die Schleifmaschine gezielt das beschädigte Material ab und reprofiliert die Schiene neu.
Präzise Spurführung – warum Rad und Schiene perfekt zusammenarbeiten müssenDamit eine Bahn sicher und ruhig fährt, ist das Rad-Schiene-Zusammenspiel entscheidend. Bahnfahrzeuge haben keine Lenkung wie Autos, sondern halten ihre Spur durch die Form der Räder. Diese sind leicht konisch geformt – das bedeutet, dass der Durchmesser in der Mitte größer ist als an den Rändern. Dadurch steuert sich die Bahn praktisch von selbst: Wenn sie in eine Richtung abdriftet, rollt das größere Radsegment auf einer Seite mit, während auf der anderen Seite der kleinere Durchmesser greift – so bewegt sie sich automatisch zurück in die Mitte.
Auch die Schienen sind nicht völlig waagerecht verlegt, sondern haben eine leichte Neigung nach innen, insbesondere in Kurven. Das sorgt für eine bessere Kraftübertragung zwischen Rad und Schiene und hilft, die Wagen stabil zu halten.
Durch das regelmäßige Schleifen wird sichergestellt, dass sowohl die Form der Schiene als auch ihre Oberfläche optimal erhalten bleibt. So bleibt das gesamte System effizient, sicher und langlebig – für einen reibungslosen Bahnverkehr in Köln.
Wichtige, aber meist unsichtbare Arbeit
Die wenigsten Kölner nehmen diesen aufwendigen Prozess wahr. Doch ohne die nächtlichen Schleifarbeiten würden die Bahnen nicht nur lauter und unruhiger fahren, sondern auch schneller verschleißen – mit teuren Reparaturen und längeren Streckensperrungen als Konsequenz.
Also, wenn es mal aus dem Tunnelmund raucht oder in der Nacht ein metallisches Surren aus der Tiefe zu hören ist, dann ist es kein Gespenst der U-Bahn – sondern die unermüdliche RRGM 1-20, die dafür sorgt, dass die KVB-Bahnen am nächsten Morgen wieder reibungslos durch Köln rollen.
Fotos: Bereich 27 KVB
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