100 Jahre Zukunft Hauptwerkstatt
Die Hauptwerkstatt der KVB wurde am 28. Mai 1923 eröffnet. Das in Köln-Weidenpesch beheimatete Kompetenzzentrum für den Schienenverkehr mit rund 220 Mitarbeitenden ist nun also 100 Jahre alt. Und es hat Zukunft. Am 3. Juni 2023 lud die KVB deshalb zum Tag der offenen Tür ein. Über 6.000 Interessierte kamen und schauten hinter die Kulissen der KVB.
Hier die aktuelle Broschüre zur Hauptwerkstatt.
KVB-Hüpfbus angeboten. Hinzu kamen Infostände. Auch für das leibliche Wohl ist ausreichend gesorgt.
Modern mit langer Geschichte
Nach einer zweijährigen Bauzeit wurde 1923 die Hauptwerkstatt der KVB in Köln-Weidenpesch in Betrieb genommen. Nach dem Ersten Weltkrieg und in der Wirtschaftskrise bestand ein Mangel an funktionsfähigen Straßenbahnen, die bisherigen Werkstätten kamen mit dem Flottenaufbau nicht nach. Deshalb schuf der Kölner Architekt Wilhelm Riphahn einen streng funktionalen Bau, dessen Strukturen auch heute noch weitgehend zu erkennen sind.
Heute arbeiten in der Hauptwerkstatt 17 Mitarbeiterinnen und 200 Mitarbeiter. Diese betreuen insgesamt 405 Schienenfahrzeuge der KVB. Organisatorisch ist die Hauptwerkstatt in die vier Abteilungen Montage/Demontage, Elektrische Teileaufbereitung, Mechanische Teileaufbereitung und Sonderprojekte/Ausbildung untergliedert. Hinzu kommt die Arbeitsvorbereitung für die Stadtbahn-Werkstätten, die Automatenwerkstatt und die technische Qualitätssicherung. Auch die räumlich angeschlossenen Ingenieure der Fahrzeugtechnik und Fahrzeugneubeschaffung bewältigen Aufgabenstellungen aller Stadtbahn-Werkstätten.
Hinzu kommen der sogenannte „Schwabbelraum“ und der Lackvorbereitungsraum, in denen vorbereitende Aufgaben erledigt werden. Die alte „innerhäusige“ Lackiererei dient heute der Behandlung von Kleinteilen bzw. als Kleberaum. Seit 2014 wird die Lackierung ganzer Fahrzeuge in der neuen Lackierhalle neben dem Gebäude der Hauptwerkstatt vorgenommen. Angebaut wurde einst die Schreinerei, die sich unter anderem durch den feinen Geruch von Sägemehl auszeichnet.
Die gesamte Hauptwerkstatt wird durch eine umfangreiche Dachverglasung und durch große verglaste Tore mit natürlichem Licht durchflutet, wodurch eine angenehme Arbeitsumgebung entsteht. Die Beleuchtung und Heizung der technischen Gebäudeausstattung kann somit sparsam eingesetzt werden.Das Kompetenzzentrum für Schienenfahrzeuge erscheint mit einer Gebäudehöhe von etwa sechs Metern im Werkstattbereich, ca. 12 Metern im Verwaltungsbereich und des Hochregallagers sowie etwa 16 Metern des Lagerturms nicht überaus wuchtig. Es gliedert sich eher unaufdringlich in die benachbarte Weidenpescher Umgebung ein.
Direkt neben der Hauptwerkstatt wurde 2021 die neue Abstellanlage für Stadtbahnen in Betrieb genommen, die zusammen mit anderen Funktionen die bisherigen Abstellkapazitäten erweitert hat. Auch die Werkstatt selbst wird zukünftig neuen Anforderungen der wachsenden Stadtbahnflotte Rechnung tragen müssen. Hierfür bietet hoffentlich das historische Gebäude ausreichend Möglichkeiten, so dass der funktionale Ansatz des Architekten Wilhelm Riphahn weiterhin funktionieren wird.
Markante Daten aus der Geschichte der KVB-Hauptwerkstatt
1914:
Erste Planungen für eine neue zentrale Werkstatt
1919-1923:
Entwurf und Bau der Hauptwerkstatt mit 80 Arbeitsständen zur Ausbesserung in der Werkhalle, mit einem Lager- und einem Verwaltungsgebäude auf einer Gesamtfläche von rund 18.500 Quadratmetern.
28. Mai 1923:
Eröffnung der Hauptwerkstatt
1924:
Beginn erstes Umbauprogramm der KVB für Schienenfahrzeuge. Hierbei wurden 40 alte, ausgemusterte Triebwagen der Straßenbahn in Beiwagen umgebaut, um den Fahrzeugmangel zu beheben. Diese „Tonnendachwagen“ fuhren vor allem auf der Ringbahn und der Rheinuferbahn.
1939-1945:
Einflüsse des Zweiten Weltkriegs auf die Arbeit, u. a. wurden in den letzten Kriegsjahren wohnungslose Familien in zerstörten Straßenbahnwagen auf dem Gelände der Hauptwerkstatt untergebracht.
Seit den 1950er Jahren:
Kontinuierliche Modernisierung durch Etablierung neuer Maschinen und Arbeitsmethoden
2011-2021:
Umbauprogramm der Serie 2100, in dessen Rahmen insgesamt 28 Stadtbahnwagen in die neuwertige Serie 2400 umgewandelt wurden. Das Projekt erfolgte weitestgehend in Eigenarbeit, wobei aber auch Industriepartner hinzugezogen wurden.
2014-2021:
Planung und Bau der neuen Abstellanlage neben der Hauptwerkstatt. Hierbei wurde u. a. ein altes Holzlager durch ein modernes Hochlager ersetzt, ein Fahrdienstgebäude errichtet und eine Waschanlage integriert. Kernstück ist die dreigliedrige Abstellhalle für insgesamt 64 Stadtbahnwagen. Die Fläche der neuen Abstellanlage wurde weitestgehend bereits bei Planung der Hauptwerkstatt Anfang des 20. Jahrhunderts für Erweiterungen gesichert.
Zahlreiche Aufgaben für Sicherheit, Komfort und Geschwindigkeit
In der Hauptwerkstatt werden zahlreiche Aufgaben erledigt, die dem sicheren, komfortablen und schnellen Stadtbahnbetrieb dienen. Hierbei finden die normalen Durchsichten, Wartungen und kleineren Reparaturen in den Werkstätten der Betriebshöfe statt. In der Hauptwerkstatt werden große Reparaturen, Hauptuntersuchungen und Fristuntersuchungen durchgeführt. Dabei werden immer wieder Innovationen eingeführt, wie etwa der 3-D-Druck, das Zuschneiden von Ersatzteilen mittels Wasserstrahl oder auch der Einsatz eines vollelektrischen Rangiergerätes. Zudem begleiten die Fachleute die Stadtbahnserien von der Herstellung des ersten Fahrzeugs bis zur Ausmusterung ein paar Jahrzehnte später. Auch werden Sonderprojekte, wie etwa der Umbau technischer Systeme, hier bewältigt.
Die prüfende Hauptwerkstatt: Alle 500.000 Kilometer kommen die Stadtbahnwagen zum „TÜV“. In dieser Hauptuntersuchung werden alle sicherheitsrelevanten Bauteile, Bauteilgruppen, Geräte und Teilsysteme genauestens auf ihren Erhaltungszustand und ihre Funktionsweise überprüft – Bremsen, Türen, Beleuchtung etc. Hierbei werden u. a. auch die Drehgestelle mit den Rädern vom Wagenkasten demontiert, gereinigt und auf möglicher Weise vorhandene feine Risse überprüft. Die Radsätze werden dabei aufgearbeitet, damit die Bahn später wieder „rund läuft“. Eine solche Hauptuntersuchung dauert mehrere Wochen. Zu den Hauptuntersuchungen kommen weitere Fristuntersuchungen hinzu, bei denen einzelne Teilsysteme der Fahrzeuge bewertet werden.
Die reparierende Hauptwerkstatt: Nach größeren Unfällen werden die Bahnen in der Hauptwerkstatt repariert. Das kann bedeuten, dass ein ganzer Fahrzeugkopf ausgetauscht werden muss, oder auch nur mehrere Seitenplatten und Scheiben ersetzt werden. Nach der Reparatur und der Aufarbeitung der betroffenen Partien folgt dann die Neulackierung. Im Durchschnitt der Jahre repariert das Team der Hauptwerkstatt 14 verunfallte Stadtbahnwagen je Jahr. Hierbei kommen Industriemechaniker und Betriebselektroniker – zwei Berufe, die bei der KVB ausgebildet werden –, aber auch Glaser, Schreiner und weitere Spezialqualifikationen zum Einsatz. Die Reparatur einer Stadtbahn kann von zwei Wochen bis hin zu vier Monaten in Anspruch nehmen.
Aber es sind nicht nur Unfälle, die einen Aufenthalt in der Hauptwerkstatt notwendig machen. Auch werden hier z. B. Türen repariert, etwa wenn der Antrieb der Türsteuerung defekt ist. Diese Reparaturen werden in der Hauptwerkstatt durchgeführt, wenn am Fahrzeug auch andere Aufgaben erledigt werden. Ansonsten können solche Aufgaben z. B. auch in der Werkstatt auf dem Betriebshof Merheim durchgeführt werden.
Zukunft kommt von Herkunft
Die Arbeit in der Hauptwerkstatt hat sich immer wieder verändert. Früher war v. a. großer Kraftaufwand notwendig. Heute sind Computer, Analysegeräte und unterstützende Techniken – etwa zum Anheben schwerer Werkstücke – sehr weit verbreitet. Die Veränderungen setzen dabei immer auf dem bisherigen Stand auf. Die Hauptwerkstatt hat sich deshalb in ihrem inneren Aufbau auch nicht wesentlich verändert.
Wie wird die Arbeit in dieser Einrichtung in den nächsten Jahren und in der weiteren Zukunft aussehen? Virtuelle Techniken werden Einzug halten, mit denen sich die Fachleute an der Bahn mit Experten bei den weit entfernten Herstellern Problemstellen über VR-Brillen anschauen und online technische Unterlagen einsehen können. Stadtbahnen werden bereits auf dem Linienweg Störungen melden, so dass in der Hauptwerkstatt bereits viel früher disponiert werden kann. Sicher ist, dass die Hauptwerkstatt der KVB Zukunft hat – diese Einhundertjährige ist sehr vital.
Wilhelm Riphahn, Architekt aus und für Köln
Der Architekt Wilhelm Riphahn (1889-1963) entstammt einer Kölner Bauunternehmerfamilie. Sowohl Vater als auch Onkel prägten ihn. Der Domstadt blieb er auf lange Sicht treu, auch wenn er nach dem Besuch der Kölner Baugewerkeschule Stationen in München, Dresden und Berlin durchlief.
Der Bauhaus-Stil zieht sich durch viele seiner architektonischen Werke. Zunächst waren es Wohnsiedlungen u. a. in Deutz, Bilderstöckchen, Mauenheim und Zollstock, die Riphahn schuf. Funktionalität der modernen Wohnungen mit Wohnküche und zeitgemäßen Sanitäranlagen prägen den Stil genauso wie die Quartiersgestaltung im Gartenstadt-Muster.
Später wurden die Gebäude größer. Einen UFA-Filmpalast schuf Riphahn genauso wie die Zentrale der Dresdner Bank und die Bastei. Letztere baute er auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf. Der bekennende Gegner der Nazis schuf u. a. die neue Oper, das benachbarte Schauspielhaus und prägte das gesamte Opernquartier.
Auch der Wiederaufbau der Hahnenstraße u. a. mit dem British Council entstammte dem Architekten. Das Institut français und die Sartorius-Säle sind Bauwerke Riphahns.
In diese Reihe ordnet sich die Hauptwerkstatt der KVB ein. Strenge Funktionalität für optimale Arbeitsabläufe kennzeichnen die Werkstatthalle, benachbarte Lager- und Verwaltungsaufbauten. Am 28. Mai 1923 konnte der Betrieb hier aufgenommen werden. Auch heute noch ist die Gestaltung Riphahns gut zu erkennen, das Gebäude wurde kaum baulich überformt.
Die Hauptwerkstatt ist nun 100 Jahre alt. In ihr wurden bereits viele Fahrzeuggenerationen betreut. So ist und war z. B. das Finchen – 1911 in Betrieb genommen und derzeit die älteste Bahn der KVB – häufig hier „zu Gast“. Aktuell werden die Fahrzeuge der neuen Serie 5300 hier Stück für Stück angeliefert und in der Hauptwerkstatt sowie im Betriebshof Merheim auf ihren Einsatz im Liniendienst vorbereitet.
Fotos:
Fotos von Almuth Elhardt / bildschön, Stephan Anemüller / KVB, privates Archiv / KVB
und Photografische Sammlung der Stiftung SK Kultur
Wer Interesse an weiteren Beiträgen hat, findet sie hier:
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Wann gibts wieder Neuigkeiten zum Betriebshof Porz? Habe gehört, das Ende des Jahres schon erste Busse dort hinkommen sollen. Wie viel Busse werden kommen und werden es nur Elektrobusse oder auch Dieselbusse sein? Werden dann einige Linien in Porz auf Elektro umgestellt? Bis jetzt gibts ja noch nicht überall Ladestationen. Bin auf jeden Fall gespannt wo und ob es dann Elektrobusse auf Linien in Porz geben wird.
In Porz sind ja auch viele Privatunternehmer die Linien fahren. Wird sich da dann was ändern oder bleiben die erstmal?
Wir werden da bald was machen, etwas Geduld noch 😉
Die Werkstatt ist 100 Jahre alt aber nicht geeignet für die Nf12er da die ja mit 60m doppelt so lang sein werden wie die alten Bahnen. Wie wird man das Problem lösen? Umbau? Der Denkmalschutz ist da ja problematisch bei sowas.
Das Betriebshof-Konzept ist derzeit noch in Diskussion. Wenn hier konkrete, spruchreife Entscheidungen gefallen sind, informieren wir darüber. VG Carola
Wann wird das Nächste Tag der Offenen Tür sein
Das können wir noch nicht genau sagen. Letztes Jahr war ja erst ein großer Tag der offenen Tür. Und letztes Wochenende haben wir die Tore zur Nacht der Technik geöffnet. Wir werden euch informieren! VG Carola
Die NF12er werden die ersten 60m langen Bahnen in Köln sein. Aber die Werkstatt hat nur 30m lange Gleise. Ein anderer User hatte ja im Januar schonmal deswegen gefragt, gibts da irgendetwas neues?
Ich stelle mir jetzt schon die lustigen Schlagzeilen und Fernsehberichte vor. „Neue Bahn zu lang für Werkstatt“ oder so ähnlich. Immerhin würde Köln damit dann bundesweit Aufmerksamkeit bekommen 😀 Besonders auf den Bericht von Extra 3 freue ich mich schon sehr 😀